Vom Rotkäppchen bis zum Kannibalen – alle waren Sie beim Juni-Slam in der Kresslesmühle mit dabei. Zumindest literarisch. In einem ugewöhnlich schnellen Durchlauf trafen sich wieder Autoren aus Augsburg, Berlin, Chemnitz und Weißenburg aufeinander, um festzustellen, wer die besten Texte mitgebracht hatte, wer sie am Aufregendsten performte. Zum Schluss kam es zum spannenden Stechen zwischen Augsburg und Berlin.
Den ersten Block startete Nero Bonaparte mit ihrem Text „Redcap“, wo ein junges Mädchen auf Da Woolf aus dem Westside-Ghetto trifft und mit brachialer Gewalt ihre Grandma rächt. Julia, ebenso wie Nero aus dem Slam-Schülerworkshop zum abc Festival, erzählte von einem Albtraum von Bakterien. Nur ihre Wohnung sei noch sicher – überall husten und kränkeln Menschen, überall sei ansteckender Dreck. Beklemmung pur! Das Team Reimmacht, bestehend aus Der Dame mt dem Hut (aka Iris Keller, Chemnitz) und meinem Slam Master Kollegen aus Weißenburg, Martin Geier, griffen die Stimmung auf und performten gemeinsam eine Kurzgeschichte, in der eine junge Frau beim Joggen sich allerlei Gedanken macht über ihre Probleme – und schließlich in Panik gerät, weil ein Mann hinter ihr joggt, ja sie regelrecht verfolgt. Wird sie ihn abschütteln können? Gottseisgedankt geht die Story gut aus! Puh! Ihren ersten Auftritt auf einer Slam Bühne hatte dann Rosa, die ebenfalls bei den Slam-Schülerworkshops mitmacht. Sie explodierte förmlich vor Wut: Eine Mitschülerin hatte ihr Pausenbrot zerstört! Sie brüllte, sie schimpfte – und wurde schließlich durch die Publikumsjury für ihre überzeugende Performance mit dem Einzug ins Finale belohnt.
Willy Werner war seit einem Jahr nicht mehr beim Augsburger Slam gewesen. Anscheinend hat er sich mit vielen anderen Dingen beschäftigt. Zum Beispiel mit der Schönheit. Was ist Schönheit eigentlich? Willy deklinierte alle Formen herunter – und erforschte die Grenzen. Ein ganz anderes Problem schilderte Peter Knuhr. In seiner Short Story jammert der Protagonist über das Leben als Hartz-IV-Empfänger und Langzeitarbeitloser. Aber wer braucht heute noch einen Kannibalen? Nummer drei im zweiten Block kam aus Berlin: Julian Heun und der ist der amtierende Champion des German International Poetry Slams (Berichte u.a. hier) in der Kategorie Unter 20 Jahre (U20). Eindringlich rezitierte er sein dreiteiliges Gedicht „Eis Essen“, bei dem die Leute ihr Leid gegen Gott klagen, der sie aber immer ignoriert. Ein knallhartes Ende grantierte heftigen Applaus. Ihm folgte Michael Friedrichs; der konnte dann zwar mit seinem Text „Kraftausdrücke“ noch einige Lacher für sich gewinnen, das Publikum schien sich aber festgelegt zu haben: Julian Heun ins Finale!
Das Finale
Hier trafen nun die beiden Sieger aus den Vorrunden aufeinander: Rosa und Julian Heun. Rosa versuchte ihren Ruf als Aggro-Slammerin gerecht zu werden und schimpfte lautstark über den Hausmeister, der eigentlich nur ein getarnter Giftzwerg sei. Julian Heun dagegen wehrte sich in seinem Text gegen die vielen Seifenblasenphrasen in unserer Gesellschaft. Zuviele redeten nur – und sagen nichts. Das Publikum entschied sich dann für Heun als Sieger vom Juni-Slam. Gratulation! Freudig nahm er den Preis entgegen: einen Büchergutschein von Bücher Pustet und eine Flasche Champagner.
Der nächste Augsburger Poetry Slam ist am 11.7. und natürlich wieder in der Kresslesmühle!
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