Was würde passieren, wenn Slammer nicht nur mit ihren eigenen Texten auftreten, sondern auch mit einem zusätzlichen Brecht-Text um den Gewinn eines Slams ringen müssten? Das dachten sich die beiden Münchner Slam-Master Ko Bylanzky und Rayl Patzak, die schon zum ersten Teil des abc Festivals ein Brecht-Slam organisierten. In der ausverkauften Komödie – und dank dem vorausgehenden Goldenen-Zitronen-Konzert auch gut aufgeheiztem Raum – gab es Brecht und Spoken-Word deluxe zu hören.
Kurzgefasst – nach vielen Slams, ja innerhalb des Festivals sogar mein fünfter Spoken-Word-Event – war die Performance von Brecht-Texten der Augenöffner par excellence. Das schon oft gehörte Gedicht “700 Intellektuelle beten einen Öltank an” (und dank jahrelanger Schall/May-Gewöhnung eher monoton in Erinnerung) war als ein hochfeinsinnig amüsanter Brüller zu erleben, der geschickt von Marc-Uwe Kling (Berlin) rezitiert wurde. Timo Brunkes (Stuttgart) Amerika-Text war dermaßen aktuell, das man sich fragen musste, ob der Text wirklich schon so alt ist. Es geht halt auch anders, als die ewiggleiche Wiederholung der alten Ästhetik. Oder schärfer: Es müsste viel mehr experimentiert werden mit den Klassikern, denn sie bleiben nicht aktuell, werden verstauben, wenn man sie nicht mit einer zeitgemäßen Ästhetik auf die Bühne bringt. Denn die Texte sind es noch…
Und Brecht ist so witzig. So scharf. Als Lars Ruppel (Marburg) seinen “Plattkopf” brachte, dabei unwissentlich mit der Sprachkeule die Leitung des Kulturbüros streifte, hatte er gleich doppelt die Lacher auf seiner Seite. Spitzenklasse.
Doch die Brecht-Performance war nur die A-Note, sozusagen die Pflicht. Die Kür war dann der zweite Teil des Abends, bei dem noch neben den bereits erwähnten Pauline Füg (Eichstätt), Nadja Schlüter (Bonn), Renato Kaiser (Schweiz), Kai Schmelzle (Tübingen) und Volker Strübing (Berlin) auftraten. Die A- und die B-Note ergaben dann den Sieger des Abends, der übrigens der Gleiche ist, wie im letzten Jahr: Lars Ruppel. Gratulation! (Nummer zwei wurde Renato Kaiser, Nummer drei Marc-Uwe Kling).
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