„Ortswechsel – Schüler schreiben hier und da“, so hieß das Motto für den 4. Schreibwettbewerb des Augsburger Schulreferats unter Berücksichtigung des PAX-Themas 2008. Insgesamt sind mehr als 1500 Kinder und Jugendliche aus fast hundert unterschiedlichen Schulen, jeglicher Schularten und aller Klassenstufen der öffentlichen und privaten Schulen Augsburgs der Einladung gefolgt, ihre Gedanken zum Thema „Ortswechsel“ kreativ in Gedichten, Geschichten oder anderen Textformen zu Papier zu bringen. Gestern wurde das Buch auf der Freilichtbühne vor fast 1500 interessierten Besuchern vorgestellt. Wie schon letztes Jahr durfte auch ich wieder moderieren – und es wurde die heißeste Literaturveranstaltung Augsburgs! Gefühlte 50° Celsius in der prallen Sonne…
Deutschlands wohl größtes Autorentreffen, war ein super Event: Alle Jungschriftsteller, die sich am Buch beteiligt hatten, waren eingeladen und viele kamen auch mit Mutter und/oder Vater in die Freilichtbühne. Neben den Texten waren aber auch musikalische Highlights dabei – neben der Trommelgruppe der Roten-Tor-Grundschule, der Big Band des Maria Ward-Gymnasiums auch die Jazz Combo „Scotch & Soda“. Auch hatte die Theatergruppe der Reischlechen Wirtschaftsschule (Leitung Werner Kruse) eine Kurzimpro vorbereitet…
Der Nachmittag in der Freilichtbühne
Wieder hatten wir den großen, nein riesigen goldenen Stuhl, auf dem alle Leser sich platzieren durften, mit auf der Bühne. Als erster Jungautor kam Robin Brendel von der Friedrich Ebert Volksschule auf den Tron. Er hatte sich mit dem Thema Umzug beschäftigt und verabschiedete sich von seinem Freund in seinem Text „Brief an Sven“. Isabell Gürtler von der Berufsschule 6, Gestaltung für visuelles Marketing hatte in ihrem Gedicht „Ortswechsel“ die Pubertät als Ortswechsel, als Perspektivwechsel zum Thema. Theresa Lechner (Staatl. Fachoberschule Friedberg, Kl. 12 WB) schrieb in ihrer Kurzprosa „Abschied und Risiko“ über einen Schüleraustausch nach Australien.
Flucht, Krieg, Vertreibung – so war der nächste Block umschrieben. Hier schrieben Schüler zum Beispiel über Menschen die von Abschiebung bedroht sind, weil ihre Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland abgelaufen ist. Genau davon schreibt Buse Bingül (Maria-Theresia-Gymnasium, Kl. 10 b) in ihrem eindringlichen Brief „Wir müssen in die Türkei zurück“. Oder Sabine Pfefferlen aus der 8. Klasse vom Justus-von-Liebig-Gymnasium Neusäß: Sie schildert in ihrem Gedicht die umgedrehte Perspektive. Flucht, Vertreibung, Angst. Als nächster Autor kam Tommy Tesfu, der auch wieder im Buch mit dabei war!
Was ist der schönste Ortswechsel den man sich vorstellen kann? Natürlich der Urlaub! Jasmin Steidel vom Maria Theresia Gymnasium, 8b hatte hier einen lustigen Text mitgebracht: Die „Sieben Anzeichen“, dass man WIRKLICH Urlaub braucht. Und wenn man im Urlaub ist? Dann vermisst man seine Lieben daheim und schreibt Postkarten. Esra Savcu aus der 6. Klasse der Volksschule Herrenbach hatte so ein Gedicht dabei, es hieß „Bei herrlicher Aussicht“… Aber erst muss man ja in den Urlaub kommen. Das will ja wohl überlegt sein, wo man seine kostbare Freizeit verbringt. Viktoria Apitzsch (Maria-Ward-Gymnasium, 9d) hat eine köstliche Kurzgeschichte geschrieben: „Vorurteil“! Vincent und Philipp Kleiner apellierten in ihrem Gedicht „Ja und Nein“, das man sich dazu durchringen sollte, neues zu Erleben, auch wenn man manchmal Angst vor Veränderung hat. Klasse vorgetragen! Die beiden Brüder besuchen die Volksschule Bärenkeller in der dritten und vierten Klasse. Manuel Hintermayr vom St Anna Gymnasium hatte das vorletzte Gedicht zum Themenblock dabei. Er schmiedete in „Ferienpläne“ auch schon fleißig seine Reiserouten, um dann aber enttäuscht festzustellen, das ihm unter Umständen das notwendige Kleingeld fehle!
Nicht nur Menschen reisen: Auch Tiere können verreisen! Rafel Vihl aus der 2. Klasse der Franz-von-Assisi-Volksschule fühlt sich in seinem Gedicht in die Gedanken einer kleinen Echse, einen Gecko ein.
Es folgte dann eine Zusammenstellung von Gedichten und Kurzgeschichten, die von „Vielerlei Ortswechsel“ erzählten. Als erste präsentierte aus der 5. Klasse der Volksschule Firnhaberau Fulya Karin Yarasir „In diesem Augenblick“. Was passiert gerade parallel noch alles in der Welt? Vom Justus-von-Liebig-Gymnasium Neusäß kam Matylda Bzdak – sie hat gerade mit Erfolg ihr Abitur bestanden! Als regelmäßige Besucherin des Augsburger Poetry Slam in der Kresslesmühle kannte ich ihren Text „stadtgedanken“ schon – klasse. Auch der nächste Autor war mir von dort wohl bekannt. Stan Twerski (Maria-Theresia-Gymnasium, K12) und „Status Quo“!
Ganz düster ging es weiter mit dem Thema „Diesseits und Jenseits“. Melanie Schoening (Maria-Theresia-Gymnasium, 11c) hatte einen Kurzkrimi geschrieben, der auch tödlich endete: „Die Stunde des Jägers“. Noch düsterer war Annkathrin Hausinger von der Reischleschen Wirtschaftsschule (achte Klasse): Einen ganz schlimmen Albtraum schilderte sie in „Verlorene Kindheit“.
Richtig harmonisch endete dann aber der Nachmittag mit den Jungautoren der 5. Klasse des Jakob-Fugger-Gymnasiums mit ihrem äußerst süßen Text: „Unser neues Schlaraffenland“…
Ortswechsel – Das Buch
Das Buch selber ist wieder erste Sahne geworden – meines Erachtens sogar noch einmal besser, als das letztjährige Buch. Ein Lesebuch VON Schüler FÜR Schüler kann tatsächlich auch Erwachsene begeistern: Ortswechsel hat viele Gesichter, wie etwa Flucht, Umzug, Migration, Vertreibung, neue Schule, Ausflug, Hoffnung, neue Liebe, Enttäuschung, neuer Beruf, Trennung, Ängste, neue Freunde, Glück – auch das Reisen gehört dazu. Die Kinder und Jugendlichen haben sich unglaublich facettenreich mit diesem Thema auseinandergesetzt! Und teilweise mit äußerst überraschender sprachlicher Qualität.
Das Konzept der Lesebuch-Paten an den Schulen hat sich anscheinend bewehrt – wie gesagt hat sich qualitativ einiges verbessert. Eventuell war daran auch die Workshops zum Kreativen Schreiben schuld, die dieses Jahr für Lehrer angeboten wurde. Information, Schreibtraining und literarische Wertung waren die Eckpfeiler der Kurse. Darüber hinaus waren individuelle Fragen und Problemstellungen zum Schreiben in der Klasse ein wesentliches Element dieses Begleitangebots zum Wettbewerb. Zu den kompetenten Referenten zählten Andreas Nohl, freier Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer, der Essays und mehrere Bände mit Erzählungen veröffentlicht hat, genauso wie Cornelia Koepsell, die in Anthologien und Literaturzeitschriften publiziert, Lesungen hält und bei Poetry Slams auftritt. Schließlich Lydia Daher, publizierende (Bühnen-) Dichterin, mit Auftritten auf nationalen und internationalen Literaturfestivals, Poetry Slams, Buchmessen und renommierten Theatern.
Das Projekt „Augsburger Lesebuch“ muss weitergehen.
Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Mehr Informationen zum Buch auch direkt beim Wissner Verlag, der das Buchprojekt nicht nur unterstützt, sondern auch verlegt hat.
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[…] wunderte er sich und hatte alle Lacher auf seiner Seite! Letzte am Abend im Wettbewerb war Matylda Bzdak. Sie las “Aus dem Leben eines Vagabunden”. Klasse Text, klasse Abschluss! Mit großem […]