lab30: Von den Alten lernen…

Bereits zum siebten Mal verwandelte sich das Augsburger Kulturhaus abraxas mit dem Medienkunstlabor lab30 in ein Elektronik-Kunstlabor, in dem Medien- und Installationskünstler, Soundelektroniker und digital Artists aus aller Welt ihre Kreativität unter Beweis stellen. Vom 13. bis 15. November war in einer Ausstellung, in Live- und Club Acts eine bizarre Welt von Geräuschen, Zeichen, virtuellen Räumen und ein Festival für Freaks und Nerds zu erleben. In der Ausstellung waren 16 Exponate zu erleben, die meines Erachtens interessantesten werden folgend kurz vorgestellt (sie beinhalten immer eine Übersetzung von digitalen in analoge Welten, sind also dem aktuellen Trend gegenläufig). Wie im vergangenen Jahr wurde übrigens auch einer der Festivalbeiträge mit dem „lab award“ prämiert: Preisträger waren die Augsburger Bettina Krugsperger und Roland Mylog mit ihrem Projekt „Schalljahre²“.

Ein Mikrofon an einem Tonbandgerät zeichnet Töne und Geräusche auf, das Band transportiert diese zum gegenüberliegenden, einige Meter weit entfernten Tonbandgerät weiter, wo sie über dessen Lautsprecher abgespielt werden. Die Töne legen dabei eine Strecke von 10 cm in der Sekunde zurück, d. h. man kann seine eigene Nachricht überholen bzw. mitverfolgen. Neben dieser Kommunikationsstrecke befindet sich eine zweite gegenläufige. In einem Zeitalter, das häufig von Kommunikationsgewohnheiten geprägt ist, bei denen das Senden Vorrang vor dem Denken hat, stellt die Installation „Schalljahre²“ eine Herausforderung dar, da das gesprochene Wort erst nach nahezu einer Minute zum Erklingen kommt. Ein Gespräch auf dieser Basis wird zur Geduldsprobe. Lediglich, wenn die Antwort vor Erhalt einer Frage auf den Weg geschickt wird, kommt augenscheinlich ein Dialog zustande. Hierdurch verschieben sich jedoch Sender- und Empfängersituation. Die Erfahrung ähnelt einem Chat, bei dem die Zuordnung von Fragen und Antworten nicht mehr gelingt. Als Gegenstrategie können die lang andauernden Pausen ausgekostet werden. Das Ergebnis ist ein außergewöhnlich bizarrer Dialog. Als Nebeneffekt entsteht eine akustische Collage, da Hintergrundgeräusche beiläufig aufgenommen und wiedergegeben werden, um sofort wieder als Hintergrund geräusche aufgenommen zu werden und so fort.

Unter dem Motto „goodbye privacy“ der Ars Electronica 2007 entstand die Strickinstallation-Arbeit von Fabienne Blanc und Patrick Rüegg (Zürich) mit dem Namen „Struckmaschine“. Mit der Fragestellung, wie weit das private Leben in die Öffentlichkeit dringt, haben die beiden sich mit dem Gebrauch und Missbrauch von Kreditkarten und Kreditkarteninformationen beschäftigt. Die Verwendung von Kreditkarten ist eine alltägliche Selbstverständlichkeit, auch im Internet, doch wird eher selten über die weiteren Verwendungen der Informationen nachgedacht.

Beim Projekt „Struckmaschine“ wurde diese Thematik aufgriffen: Anhand von den Kreditkarteninformationen wird ein persönlicher Schal gestrickt. Obwohl die Kreditkarteninformationen in einer codierten Form ausgestrickt werden, bleibt das Kleidungsstück ein analoges Display, da alle Informationen rückführbar dargestellt werden. Unser Ziel war es, ein persönliches Kleidungsstück zu gestalten, mit einer neuen visuellen Erscheinung, jedoch inhaltlich brisant. Was passiert mit dem Schal wenn der Träger ihn verliert? Im Falle eines Verlustes wird der wärmende und schützende Schal wegen den persönlichen Daten zum bedrohlichen Objekt.

Niklas Roy hatte aus Berlin seine Übersetzung eines digitalen Spiels in die analoge Welt mitgebracht. Pongmechanik ist eine elektromechanische Umsetzung des Videospielklassikers Pong (1972), die dessen Darstellung exakt übernimmt. Allerdings bricht das Spiel die Black Box auf: Was im Computer vor sich geht, wird wieder nachvollziehbar und fühlbar. Das Spiel besteht aus vier Elementen: Einem Relaiscomputer, der das Spiel steuert, der mechanischen Ebene mit Bewegung und Kollisionsabfrage, dem Display und den akustischen Bauteilen. Dadurch wird das Gerät um eine physisch verstehbare Ebene erweitert. Zum eigentlichen Spielspaß kommt die Faszination der nachvollziehbaren Mechanik hinzu.

Ebenfalls aus Berlin kam Markus Kison. Er spielt mit seinem Schmuckstück „Vanity Ring“ mit dem Phänomen der Relevanz unserer Persönlichkeiten in einer Web 2.0-Welt. Während früher der Reichtum und die Bedeutung eines Menschen in direkten Zusammenhang mit der Größe seines Vermögens gebracht werden konnte, zählt in der Post-Informationsgesellschaft die Aufmerksamkeit, die einem die Welt zuteil werden lässt. Den Vanity Ring ziert kein Edelstein, stattdessen zeigt er die Anzahl der Treffer, die man erhält, wenn man den Namen der Person googlet, die den Ring trägt.

Das nächste lab30 findet vom 12.11.-14.11.2009 statt – die Ausschreibung läuft bereits unter http://lab30.de/de/ausschreibung-2009. Gesucht werden Interaktive Installationen und Ausstellungsprojekte sowie Audiovisuelle Projekte.

Siehe auch:

2 Responses

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.