Der April-Slam war extrem kurzweilig. Acht Slammer rasten durch den Abend mit teilweise irrwitzigen, teilweise nachdenklichen und aber immer schönen Texten. Als geladene Gäste kamen nach Augsburg Egon Alter (Darmstadt), Simon Felix Geiger (Freiburg), Grög! (München) und Bo Wimmer (Marburg). Aber auch die Augsburger Slamily punktete und konnte mit Sprachwitz und Ironie die angereisten Herausforderer ins Schwitzen bringen. Schließlich gewann Bertolt Brecht, also Augsburg. Zumindest fast.
Eine Insel mit zwei Bergen zuviel
Seinen 86. Slamauftritt hatte Michael Friedrichs an diesem Abend. Er hatte eine Story über die 60er Jahre dabei: „Wir kriegen Telefon“. Der akribisch die Telefonminuten notierende Vater führte genaue Listen, wer wann wie lange telefonierte, und die Schwester versuchte dieser Überwachung zu entgehen – das konnte nicht gutgehen! Mit „Timfech“ ironisierte Friedrichs dann geschickt das neumodische Manager-Sprech: wer heutzutage nicht „timfech“ ist, der hat in der Arbeitswelt nichts zu suchen… Ihm folgte der Marburger Bo Wimmer, der die „Tragödie vom romantischen Huhn Ruth“ vortrug. Ruth wollte sich nicht auf den Macho-Hahn einlassen und verzichtete auf das gemeinsame Eier-Glück. Was aber beiden ein Verhängnis wurde und sie letztlich doch wieder vereinte: im Suppentopf. Eine äußerst bittersüß-ironische Geschichte aus den wilden 70er Jahren hatte Cornelia Koepsell im Gepäck: „Das Häutchen“. Sie erzählte von Vera, die ihre Sommerferien bei Wolfi verbrachte, um endlich eine Frau zu werden. Doch Wolfi hatte außer Politsprüche wenig drauf, so dass die Vietnam-Demos noch das Beste im Urlaub waren.
Grög! beendete den ersten Block mit zwei wieder sehr lustigen Texten. In seiner verheuschnupften Möricke-Persiflage („„Frühling lässt sein blaues Band / Wieder flattern durch die Lüfte…“) blieb kein Auge trocken. Und in der Gute-Nacht-Geschichte des Münchners, der endlich mal in Kindergeschichten die Wahrheit sagen wollte, gab es auf der „Insel mit zwei Bergen zuviel“ auch für Lukas nichts mehr zu lachen. Bo Wimmer wurde von der Publikumsjury ins Finale geklatscht.
Mein Schädel ist ein Buchregal
„Ich bin mir selbst ein Königreich“ hieß das Gedicht von Simon Felix Geiger (Freiburg). „Mit Bleistiftzepter in der Hand“ fand er, das sein „Schädel ein Buchregal“ sei. Das Publikum antwortete bei dem interaktiven Text huldigend: „Slam-Gigant!“. Ihm folgte Sabrina Bayer, die an diesem Abend ihr Slam-Debut hatte und uns alle mit einem absolut gekonnten und selbstsicheren Auftritt überraschte – wie ein altgedienter Slam-Profi; ein klasse Start! In „Kinderhaus“ schilderte sie, wie die Ehrlichkeit der Kinder einen in den Wahnsinn treiben kann: „Es ist der blanke Horror!“ Und dann gibt es auch noch Läuse-Alarm!
Der Darmstädter Egon Alter ist ein Meister der kurzen Form: In 20einhalb poetischen Polaroids beleuchtete er äußerst ironisch diverse Abgründe der Beziehungswelt und näherte sich dieser in einer eher aphoristischen Form. Für geistreiche Kurzgeschichten kann sich Peter Knuhr begeistern: „Die heilige Klara“, so wurde dem Protagonisten in einer Kleingeschichte versprochen, löse alle Probleme (sogar die des Aufstiegs des FCAs). Man müsse sich nur an die Regeln halten! Das konnte natürlich nicht gut gehen… Zu Recht wurde Peter Knuhr ins Finale geklatscht!
Das Finale
In der Brecht-Stadt mit einem Remix von Bertolt Brechts Gedichten anzutreten ist natürlich taktisch gar keine schlechte Idee. Bo Wimmer modernisierte das BB-Gedicht Erinnerung an Marie A.. Doch bei ihm war es die Spinne, die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht, bzw. wohl bei dem Mädchen nicht mehr aus den Haaren… Ein Brüller! Peter Knuhr antwortete wesentlich leiser mit „Das Leben in 3 Minuten am Strand“ und konnte damit nur den zweiten Platz, somit den Preis als Best Local von Künstlerbedarf boesner gewinnen: Eine Schreibbuch von Bindewerk und ein vierfarbiger Kugelschreiber. Gratulation für Bo Wimmer als Sieger des Abends – ihm wurde der Büchergutschein von Bücher Pustet überreicht!
Alle Fotos wurden von Simon Schwager geschossen. Vielen Dank!
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