Auch wenn es wettertechnisch nicht nachvollziehbar ist: Der Augsburger Slam geht in die Sommerpause. Doch bevor wir alle in den wohlverdienten Urlaub gehen, wollten wir noch einmal klasse Poeten aus dem Süden Deutschlands hören. Martin Geier war aus Nürnberg angereist, Sabrina Schick kam von Freiburg und Meike Harms aus München. Und ein Dutzend Augsburger Slam stellten sich der Herausforderung in einer ausverkauften Kresslesmühle.
Fesselnde Krimilektüre
Sarah Maria Nordt eröffnete den Abend mit einer kleinen Statistik, wie viele Jugendliche als normal oder unnormal gelten. Und wie ein kleines Mädchen als immer brav und sauber gilt – im Geheimen aber die Veilchen der Mutter zertritt. Aber den Nachbarn war schon immer klar, dass aus den süßen, braven Mädchen noch Amokläufer werden. Starker Auftritt mit einer tollen Performance!
Malin Lamparter folgte Sarah mit ihrem Gedicht „Intensiv“. „Du darfst mich nicht fragen, weil ich will mich nicht über Antworten definieren“ antwortete sie einem oberflächlich eröffneten Gespräch. „Ich möchte mehr Fragen, auf die ich einfach mit ‚Ja‘ beantworten kann.“
Martin Geier war „Samstag Abend daheim“ und wollte nur einen Schauerroman lesen. Doch das gestaltete sich komplizierter als gedacht. Zunächst feierten die einen Nachbarn eine laute Party. Also floh er vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer. Doch dort musste er den Ehekrach der anderen Nachbarn hören. Als er sich in die ruhige Küche zurückzog, kam seine Ex vorbei, die Rachesex wollte. Jetzt half nur noch ein Bügeleisen.
Lydia Schwab las eine Gedicht „Erst einmal von unten anfangen“ und las es tatsächlich zunächst vom Ende zum Anfang und dann wieder zurück zum Anfang, also dem Ende. Spannend!
„Chuck Norris macht aus Nichts Poesie,
Doch Poesie macht sich nichts aus Chuck Norris!“
Meike Harms
Meike Harms hatte wieder tolle Lyrik im Gepäck: „Nicht Identitäten, sondern Identitäter sein“. Chris Weiblen wollte es auch einmal so machen wie Max Frisch und endlich ein Tagebuch schreiben. Weil er aber nicht soviel Zeit hatte, schrieb er nur über einen einzigen Tag und änderte die Uhrzeiten in Jahreszahlen. So verschlief er zum Beispiel das frühe Mittelalter und endete 2359.
Die Freiburgerin Sabrina Schick, deren jüngerer Bruder Dominik Schick schon öfters hier war, hat lange in Salzburg gelebt. Und das spürte man, wie sie diese Stadt verinnerlicht hatte, als sie das Gedicht „Stadtpalast“ über die österreichische Stadt vortrug. „Da ist doch immer der Duft nach schwarzem Tabak und klirrende Kälte“, so Schick.
Letzte Slammerin war Tanja Schössow mit „Der Gau“. Sie klagte die Gesellschaft an, dass sich „Freundschaft nur noch über Spaß definiert (…), das Leben der Anderen zur Soap reduziert (…), Gefühle und Emotionen nur noch als Investition betrachtet werden“.
Das Finale: Flucht aus dem Altersheim
Martin Geier und Chris Weiblen begegneten sich im Finale. Beide beschäftigten sich mit dem Thema „Glück“. Martin erzählte eine Geschichte vom Altersheim und wie ein Rentner ausbricht, um in der privaten Seniorenresidenz um die Ecke mit seinem alten Buddy ein Bier zu trinken. Chris Weiblen las von dem „Blicke, die die Welt bedeuten“.
Und Glück, das wünschte ihm auch die Publikumsjury, die ihn begeistert zum Sieger kürten (Büchergutschein von Bücher Pustet). Großer Applaus für alle Poeten, die diesen Abend wieder einmal sehr speziell werden ließen! Malin Lamparter und Tanja Schössow teilten sich den „Best Local“-Preis von boesner gestiftet – eine Schreibkladde und ein vierfarbiger Kugelschreiber.
Hier noch das Video vom Finale, das von Simon Schwager gefilmt worden ist:
Alle Fotos wurden von Simon Schwager geschossen. Vielen Dank!
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