In der ausverkauften Kresslesmühle kämpften letzten Freitag acht Slammerinnen und Slammer um den Sieg beim Augsburger Poetry Slam im Mai. Gegen die dieses Mal wieder prall gefüllten Liste von Augsburger Dichtern traten angereiste Künstler an, darunter Maria-Xenia Hardt (Freiburg), Max Kennel (Bamberg), Malin Lamparter (aktuell Budweis, Tschechien) und Luc Spada (Luxemburg). Es ging wieder heiß her, die Dichter schenkten sich gegenseitig nichts. Und der Spannungsbogen reichte von still/nachdenklichen Texten bis zu schenkelklopfendem Humor, der zum Teil auch Eier bewies…
Jungs, wir brauchen Eier!
Den Auftakt machte Eduard Hennig. Ursprünglich kommt er aus Fulda und macht dort gerne literarische Abende für Kurgäste. Er hatte sich spontan auf die Liste geschrieben. Gut so – denn das Publikum liebte ihn auf Anhieb! Seine Gedichte vom Bauernhof rezitierte er frei: Vom Macho-Hahn, der dann doch bei der Henne nicht landen konnte, vom Schwein, das sich in ein Wildschwein verknallte und dem Igel, der sich wegen der bösen Stacheln nur sehr vorsichtig vermehren kann… Ihm folgte Max Kennel, der zuletzt im verschneiten Dezember in Augsburg war – und dort auch gleich ins Finale kam! Er gilt als einer der Shootingstars der fränkischen Slamszene und ist gelegentlich auch als Liedermacher unterwegs. Er rief die Dichter auf, sie sollten endlich mal aufstehen und ihre Männlichkeit beweisen! Die Dichter brächten es ja nie besonders weit im Leben mit ihrer tristen Romantik – denn mit sowas Öden kann man bekanntlich nicht bei Frauen landen. „Eier! Jungs, wir brauchen Eier“, plädierte er leidenschaftlich…
Tschöhännis hatte ebenso einen Beziehungstext geschrieben – doch anders als seine zwei Mitstreiter setzte er eben auf die ruhigere, sinnlichere Sprache. Ohne sie, die Angebetete, da stehe er noch immer, wo er gestern stand – und kommt nicht weiter, denn alles ist leer, wie ein versandeter Brunnen… Eindringlich antwortete Luc Spada: „Ich will nackt mit Dir einen Fehler machen!“ Ein klasse Auftritt! Spada ist ein Slammer und Schauspieler mit Lebensmittelpunkt zwischen München und Luxemburg. Über ein Jahr ist sein letzter Augsburg-Besuch her – auch er kam damals ins Finale. Sein erster Gedichtband so sehr du mich auch willst, du wirst mich immer mehr wollen ist übrigens gerade eben erschienen…
Max Kennel konnte sich jedoch durchsetzen und wurde von der Publikumsjury ins Finale geklatscht.
Zweiter Block: Stefan, Michael oder wie er auch immer heißt
Maria-Xenia Hardt kam zum ersten Mal in die schöne Fuggerstadt. Die zwanzigjährige Slammerin reist derzeit von Slam zu Slam und beweist ihre Fähigkeiten als Storytellerin. Sie spreizte erst einmal die Ellbogen und antwortete den Männern aus dem ersten Block: „Jungs, lasst mal die Profis mit der Liebe ran…“! Ganz schön frech! Und schon beim ersten Text „Irgendwo dazwischen“ bewies sie ihren Witz. Sie erzählte von ihrem Disco-Besuch mit der DJane Claudia Roth bei dem sie Stefan, Michael oder wie er auch immer heißt zum Knutschen abbekam. Doch der junge Mann wurde dann doch lieber alleine nach Hause geschickt… Sehr lustig! Mit dem zweiten Text schilderte sie das Trauma jedes reisenden Slammers: Du kannst entweder jeden Tag ein frisches T-Shirt anhaben – oder an jedem Tag an einem anderen Ort sein. Beides zugleich geht nicht…
Thomas Laschyk schilderte mit „Er wachte auf“ farbenfroh und heftig einen nicht endenwollenden Traum – denn „wenn man stirbt, dann kommt man in die Albträume der Lebenden“. Das war quasi ein Inception-Slamtext – denn die Ebenen verwischten zunehmend und immer wenn man dachte, man wachte auf, war es noch lange nicht vorbei… Malin Lamparter, die momentan ihr Freiwilliges Soziales Jahr in Budweis, Tschechien macht, kommt eigentlich aus Freiburg. Sie slamt seit fast zwei Jahren und reiste jetzt zum ersten Mal auch zu uns nach Augsburg! Sie regte sich gekonnt über dämliche Facebook-Kommentare auf: „Ich habe 10 Finger / aber nur einen Magen zum auskotzen“! „Ja!“, möchte man ihr zurufen, wir haben tatsächlich „verlernt zu stolpern, weil wir vergessen haben, wie man aufsteht“… Klasse Auftritt! Peter Knuhr beendete die zweite Runde und klärte uns in „Das ‚Auf der Blauen Kappe‘-Rätsel“ auf, wo denn diese Straße wirklich ist. Denn viele Augsburger suchen und suchen, finden sie aber nicht. Und müssen dann abendlich von Suchtrupps der Polizei zusammengetrieben werden und ihren Autos zugeführt werden… Geistreicher Augsburg-Text – aber dem Publikum stand es mehr nach Stefan, Michael oder wie er auch immer heißt und wählten Maria-Xenia Hardt ins Finale.
Ich habe 3 Beine und 11 Finger: Ich bin Kunst
Statt üppigen zehn Minuten in der Vorrunde stehen den Slammern nach dem Augsburger Slam-Reglement im Finale nur drei Minuten zur Verfügung, um sich der fachkundigen Jury zu stellen. Nicht viel Zeit und gerade deswegen ein spannendes Kurzformat! Max Kennel startete die letzte Runde mit „Traummann“ und griff das Eier-Thema von der Vorrunde auf. Denn keine Frau steht auf Clowns, sondern ausschließlich auf ernste Männer… Maria-Xenia Hardt konterte mit ihrem Text über moderne Kunst: „ich bin der rote Punkt auf schwarzer Wand / … / ich bin nicht einfach“. Das Publikum tobte und kürte mit tosendem Applaus Maria-Xenia zur Siegerin des Abends (= Büchergutschein von Bücher Pustet). Der Best-Local Preis, ein von Künstlerbedarf boesner ausgelobter Sonderpreis (Schreibbuch von Bindewerk und ein vierfarbiger Kugelschreiber) ging an Eduard Hennig. Gratulation an beide Sieger – aber auch an alle anderen Kombattanten, die einen spannenden Abend gestalteten!
Alle Fotos wurden von Simon Schwager geschossen. Vielen Dank!
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