Schon am Mittwoch begann das große Schaulaufen innerhalb der deutschprachigen Slam Poetry Liga. Nach Leipzig (2005) und München (2006) ist es diesesmal an Berlin, die Bundesliga – oder vielleicht besser: die Championsleague des Poetry Slams auszurichten. Über 200 Slammer und Slam Master aus Deutschland, Österreich und der Schweiz treffen hier in einem gigantischen viertägigen Spektakel aufeinander, um den besten Slammer des Jahres zu küren. Die vielen Vorrunden und Nebenprogramme finden größtenteils in Kreuzberg statt (Ballhaus, Festsaal, Kato) – finden sich aber auch an / in anderen Locations.
Und auch Augsburg ist dieses Jahr wieder angetreten! Und das sogar mit 2,5 Augsburger Autoren – und das ist besonders, da eigentlich nur 2 Nominierungen aus einer Stadt erlaubt gewesen sind. Im U20, dem Wettbewerb der „Unter 20jährigen“ tritt für Augsburg Winston auf. Er wurde im Rahmen des abc Festivals im Schülerslam gekürt. Ebenso im U20 tritt der Augsburger Tommy Tesfu auf, der sich aber gegen seinen Heimatslam Augsburg entschieden hatte und nun ein bisserl willkürlich auf der Frankfurter Liste auftaucht. Trotzdem repräsentiert er natürlich die tatkräftige Augsburger Slam-Szene und wird von mir einfach dazugezählt.
Im „regulären“ Slambattle findet sich für Augsburg Theresa Köhler, die leider gestern in der Vorrunde ausgeschieden ist. Ein Video ihres Auftritts, der nach Meinung vieler Slammer und Slam Master hervorragend war, jedoch bei der Jury (7 Leute aus dem Publikum) anscheinend nicht überzeugen konnte, wird baldmöglichst nachgeliefert!
Punkte-Wertung versus volle Publikumsbeteiligung
Einer muss es ja mal sagen: das Jury-System ist und bleibt total unbefriedigend. Hierbei werden 7 Leute aus den Zuschauern zufällig herausgegriffen. Diese müssen dann auf einer Skala von 1 bis 10 Punkte verteilen (10 ist Höchstnote). Jeweils die höchste und die niedrigste Wertung wird gestrichen und der Rest zusammengezählt. Der Slammer mit der höchsten Wertung zieht weiter (im National ziehen die Top 4 weiter ins Halbfinale). Mein Eindruck ist, das die meisten Autoren (und deren Slam Master) an der willkürlichen Auswahl der Jury leiden, denn deren Mitglieder sind unter Umständen zum ersten Mal auf einem Slam, haben einen seltsamen Geschmack oder andere Macken.
Natürlich ist es dann wieder für alle Autoren gleich schlecht oder gut – und damit ist ja auch eine Art Gerechtigkeit hergestellt. Trotzdem ist eine Abstimmung durch das gesamte Publikum wesentlich authentischer – wie z.B. in Augsburg durch Applaus. In Leipzig wurde in den Vorrunden des National 2005 mit Jetons abgestimmt: derjenige, der die meisten Münzen auf sich vereinigen konnte, zog weiter. So waren alle Zuschauer einer Veranstaltung miteingebunden gewesen – und nie kam Unmut auf.
Ganz neu im Berliner Konzept war, das nicht nur Slam Master ihre Favoriten setzen konnten, sondern dass sich auch Slammer durch ein aufwändiges Punktesystem selber qualifizieren konnten. Punkte wurden dabei bei Heim- und anderen Slams, die man gewann, gesammelt. Ein Konzept, das die Idee, einer Repräsentation der Slam-Städte auf dem National durch deren besten Slammer stark aufweicht. Aber die Unsitte, das Slammer sich von Nicht-Heimat-Städten aufstellen lassen, hat diese Grundidee in den letzten Jahren sowieso zunehmend bis aufs Groteske verzerrt.
Einzelslammer und Teams bunt gemischt
Auch neu ist, das Slam-Teams mit Einzelslammern bunt gemischt werden. Ob das sich durchsetzen wird, ist schon mehr als fraglich. In der Auslosung der Zusammensetzung des Halbfinales kam es dann gestern abend sogar zu kleinen Tumulten, als einzelne Slammer gegen sich selber auftreten sollten – sie waren zum Einem über das Punktesystem als Teilnehmer qualifiziert und zugleich auch als Teammitglied von einem Städteslam gesetzt worden und fanden sich nun im gleichen Block wieder. Was für ein Unsinn – das hätte man sich vorher überlegen müssen.
Trotzdem ist die Stimmung fatastisch, das Niveau unglaublich hoch und die Veranstalter haben sich mehr als einen Orden verdient für eine hervorragende Organisation. Auch wenn der National noch nicht vorbei ist: Danke Berlin!
No responses yet