“Digitaler Wandel” Kongress: Gleiche Informationen für alle – Open Government und Open Data

Als zweiten Workshop im Digitaler Wandel“ Kongress letzten Samstag in Augsburg besuchte ich die Diskussion zum Thema Open Government und Open Data – ein Begriffspaar, das die Zukunft der Demokratie und der Verwaltung bestimmen wird. Unter dem Motto “Gleiche Informationen für alle” diskutierten Anke Domscheit-Berg (Open Government Beraterin) und Dr. Marcus Dapp (Initiator von MOGDy, dem Munich Open Government Day 2010) unter Moderation von Dr. Florian Roth (Stadtrat in München) über die Zukunft des “gläsernen Rathauses” und den Zugang zu öffentlichen Daten.

Die Ziele von Open Government sind klar: höhere Transparenz der Entscheidungen und Prozesse, Partizipation bei der Entstehung von diesen sowie eine generell verbesserte Kollaboration zwischen Bürger und Verwaltung. Doch wollen das auch die Bürger? Einschlägige Studien bejahen dies. Die Forsa-Umfrage von 2010 „Open Data – Open Government Monitor 2010: Wünschen Bürger mehr Transparenz?“ zeigt auf, wie die Bundesbürger einer generellen Veröffentlichung ungefilterter Behördendaten gegenüberstehen und wie sich dadurch ihre Teilhabe am politischen Geschehen ändern würde. Ganze 88% befürworten die Veröffentlichung nicht-personenbezogener Informationen durch Behörden. 81% glauben, dass die Bürger dadurch mehr am politischen Geschehen teilhaben könnten. 76% sind sich sicher, dass die Behörden dadurch einen stärkeren Anreiz hätten, effektiver zu arbeiten. Nur 16% der befragten Personen hatte Sorge um den Datenschutz.

Positive Beispiele für Nutzung von öffentlichen Daten zum Gemeinwohl sind – neben den bereits hier erwähnten – WhereDoesMyMoneyGo.org, wo man den Haushalt von Großbritannien nachvollziehen kann, Where-Can-I-Live.com, wo man sich über seine Nachbarschaft informieren kann oder der „Apps for Berlin“-Wettbewerb von der Stadt Berlin, der von September bis November 2010 stattfand. Hier wurden mehr als 70 Ideen eingereicht – seien es Stadtführer zu Toiletten oder Fahrradwegen und vieles weitere mehr. Das ging schon ziemlich nah in die Richtung der AppsForDemocracy-Initiative in Amerika, die öffentliche Daten nutzbar machen will. Auch in Deutschland gibt es mehr und mehr Bemühungen, wie zum Beispiel vom Opendata-Network.

Mehr Wachstum, mehr Effizienz und weniger Machtmissbrauch
„Verwaltungsdaten wirken wie Subventionen und können Innovation und Wirtschaftswachstum fördern“, so Anke Domscheit-Berg. „Zusätzlich gewinnt die Verwaltung an Effizienz gewinnen, weil alles offengelegt ist.“ Nebenbei könnten auch bessere Gesetze entstehen, weil Politiker und Bürger ihre Entscheidungen auf für alle frei verfügbaren Informationen basieren lassen können. Die Offenheit führe auch zu weniger Machtmissbrauch und Korruption. Laut Domscheit-Berg entstehe somit „eine bürgerzentrierte Verwaltung mit menschlichem Gesicht“.
Doch wenn alles so toll klingt – warum werden diese Open Data-Projekte nicht eingeführt und umgesetzt? Laut Domscheit-Berg scheitert das eher an kulturellen als an technischischen Barrieren: „Eine Verwaltung ist nicht fehlertolerant; sie ist hierarchisch und zentralisiert aufgebaut. Das muss sich jedoch ändern, wenn mehr Leute beteiligt werden sollen. Hier müssen Freiräume für Entscheidungen auch untergeordneter Stellen geschaffen werden!“ Aber natürlich fehle es auch oft am schlichten Mammon.

Auch wenn die folgende Präsentation von Anke Domscheit-Berg vom letzten September ist – inhaltlich ist sie ziemlich ähnlich zu der Präsentation von letztem Samstag in Augsburg und gibt einen guten Überblick:

Open Government und Open Data – ganz praktisch.
So hieß der Vortrag von Dr. Marcus Dapp, IT-Stratege der Landeshauptstadt München und Initiator des ersten Apps4Cities-Wettbewerbs MOGDy in Deutschland. Er stellte die positiv zu sehenden Resultate von MOGDy, was „Munich Open Government Day“ heißt und eigentlich irreführend benannt ist, weil es ein mehrmonatiges Projekt war. Es ging um die Beantwortung der Fragen, welche Möglichkeiten bei Behördengängen digital umgesetzt werden könnten oder sinnvoll wären, welche Daten soll die Landeshauptstadt München zur Verfügung stellen/ freigeben sollte und Onlinedienste oder Apps für unterschiedliche Plattformen es geben sollte. Bürger konnten Vorschläge auf einer Webpage bis Dezember letzten Jahres eingeben und dann auch über diese abstimmen. 164 Ideen wurden dabei gesammelt, die von mehr als 550 Benutzern diskutiert und bewertet worden sind. Die Ziele des Projektes der Stadt München war es, ePartizpation offen/kooperativ zu gestalten und digitalen Mehrwert durch Zugriff auf städtische Daten zB durch Apps zu schaffen.

Die dabei zugrunde liegenden Daten sind frei verfügbar oder zumindest mit Einschränkungen frei verwendbar. Wichtige Regeln für Open Data seien laut Dapp das Recht auf Wiederverwendung der Daten, dass sie maschinenlesbar sind und offene Formate haben. So entstanden zum Beispiel ein U-Bahn-Locator, eine App namens München POI für Sehenswürdigkeiten. Ausschuss war eigentlich gar nicht dabei und teuer war der Prozess für die Stadt München auch nicht: Zusammengefasst waren drei Vollzeitstellen über neun Monate beschäftigt, das Gesamtbudget blieb unter 25.000 Euro – und das teuerste war das Catering für das abschließende MOGDy-Camp.

Beteiligung der Masse?
Doch reicht eine Beteiligung von 500 Leuten aus, um den Erfolg eines solchen Projektes zu beweisen? Diese Frage spaltete das Publikum. Beide Referenten waren sich jedoch einig, dass es im ersten Schritt darum ginge, mehr Menschen als zuvor bei Entscheidungen zu involvieren, und das Ganze transparent und offen zu gestalten. „Man darf nicht die Beteiligung von 500 Münchnern mit einer 100%-Beteiligung vergleichen – sondern mit dem Fakt, dass vorher keiner beteiligt war“, so Anke Domscheit-Berg. Der Traum wäre es aber, das natürlich alle mitmachen würden. Das passiere jedoch auch bei normalen Wahlen nicht. Um Menschen zu begeistern, müsse man Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit beweisen: „Das sind wesentliche Faktoren bei Bürgerbeteiligungen. Wenn zuviel versprochen wird, und es dann nicht oder nur teilweise realisiert wird, dann ist der Frust groß“, so Dapp.

„Verwaltung ist das Betriebssystem der Gemeinschaft. Sie sollte deswegen so offen sein wie möglich“, meinte Dapp zusammenfassend. „Wenn durch eGovernment und Open Data die Wirtschaft gefördert wird, so ist das gut. Wenn dadurch jedoch nonprofit community-Ansätze verhindert werden, so ist das schlecht!“ Er meinte, die Verwaltung sollte in die Zange genommen werden, um solche innovativen Projekte umzusetzen: von unten heraus, durch die eigenen Mitarbeiter, von oben durch die Politik und von der Seite, dem Bürger.

Mit Dr. Marcus Dapp wurde übrigens beim letzten re:publica-Kongress ein spannendes Video von dctp.tv gefilmt, dass einiges noch einmal zusammenfasst und vertieft, was er auch beim „Digitaler Wandel“-Kongress erzählte:

Dieser Artikel bezieht sich auf den Zukunftskongress der Grünen zum Thema “Digitaler Wandel – Wie sich unser Leben ändert”.

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